Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Ortsgruppe Frankfurt (Oder)

Wahlprüfsteine des ADFC zur OB-Wahl 2025

Frankfurter Radverkehrsanteil in acht Jahren bei 20-22%?

Das wollen die demokratischen OB-Kandidat*innen bewegen.

 

Am 21. September 2025 wählt Frankfurt (Oder) ein neues Stadtoberhaupt, sollte eine Stichwahl erforderlich werden, findet sie drei Wochen später, am 12. Oktober statt. Wir haben allen drei demokratischen Kandidierenden die gleichen Fragen zum Radverkehr gestellt. Dr. Axel Strasser (parteilos), Désirée Schrade (CDU) und Simona Koß (SPD) haben innerhalb der gesetzten Frist von 14 Tagen geantwortet. Wir bedanken uns herzlich für die ambitionierten Antworten und bieten den Kandidierenden im Falle ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin oder zum Oberbürgermeister unsere Zusammenarbeit an.

In einem Punkt sind sich alle drei demokratischen Kandidierenden weitgehend einig: Am Ende ihrer achtjährigen Amtsperiode soll der Radverkehrsanteil in Frankfurt (Oder) bei sehr guten 20 bis 22% liegen. Das wäre ein großer Erfolg.

Bitte vergleicht die Antworten der Kandidierenden und geht wählen. Der vierte Kandidat, Wilko Möller (AfD), hat keine Fragen von uns erhalten. Als ADFC fühlen wir uns der Demokratie verpflichtet. Die Wahl des Vertreters einer gesichert rechtsextremen Partei ist für uns deshalb keine Option.

 

1. Radverkehrsklima

  • [Frage ADFC] Frankfurt (Oder) landet bei allen Rankings zum Radverkehrsklima auf hinteren Plätzen, zuletzt beim Fahrradklima-Test des ADFC
    Wie wollen Sie das Radverkehrsklima verbessern und Frankfurt (Oder) zu einer fahrradfreundlichen Stadt entwickeln?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Ja, ich empfinde auch selbst als Radfahrer das Radverkehrsklima in Frankfurt als verbesserungsbedürftig. Wir brauchen eine klare Priorität für sicheren und komfortablen Radverkehr. Dazu gehört der Bau von Radmagistralen, also durchgängiger, physisch vom Autoverkehr getrennter Wege, die zentrale Ziele wie Bahnhof, Innenstadt, Stadtbrücke, Universität und Wohngebiete verbinden. Eine erste solche Achse sollte im Zuge der geplanten Umgestaltung der Karl-Marx-Straße zwischen Bahnhof und Stadtbrücke realisiert werden. Auch an der Postkreuzung muss die Querung für Radfahrende einfacher und sicherer werden. Darüber hinaus setze ich mich für echte Fahrradstraßen ein. Auf der Großen Oderstraße oder der Großen Scharrnstraße sehe ich Potenzial, dort könnte der Durchgangsverkehr reduziert und mehr Raum für Radfahrende geschaffen werden. Ein weiterer konkreter Schritt ist die Verbesserung der Abstellmöglichkeiten. Ich möchte die Fahrradstellboxen vom Holzmarkt und vom Winterhafen gängig machen und an den Bahnhof umsetzen, denn dort ist die aktuelle Situation unbefriedigend. Wer mit dem Rad zum Zug fährt, braucht sichere, überdachte und einfach nutzbare Abstellplätze. Das ist ein kleiner, aber sehr wirksamer Beitrag für ein besseres Radverkehrsklima.
  • [Désirée Schrade] Frankfurt (Oder) ist eine Stadt der kurzen Wege. Aber diese Wege müssen geebnet werden. Von Barrierefreiheit und sicheren Radwegen profitieren Jung und Alt. Daher werde ich sie im Rathaus neu priorisieren. Ich möchte, dass radfahrende Menschen aufmerksamer im städtischen Handeln mitgedacht werden. Das Gute ist: es kostet nicht mal viel. Es kostet "nur" mehr Aufmerksamkeit im städtischen Handeln und der Fahrradklimatest zeigt die Beispiele auf: Winterdienst auf Radwegen, Falschparkenkontrolle auf Radwegen, Führung an Baustellen sind im städtischen Handeln zügig veränderbar, um das Radverkehrsklima zu verbessern. Ich möchte, dass Frankfurt (Oder) im Fahrradklima-Test in seiner Größenklasse nicht mehr unterdurchschnittlich abschneidet.
  • [Simona Koß] Das Radverkehrsklima setzt sich aus vielen Bereichen zusammen. Der wichtigste Faktor dabei ist sicherlich die Qualität der Infrastruktur. Aber auch ein gedeihliches Miteinander der verschiedenen Verkehrsarten ist ein wichtiger Bestandteil des Verkehrsklimas. Dabei erscheint mir eine stärkere Entflechtung der Verkehrsmittel ein zentraler Punkt zu sein. Gemeinsam genutzte Fuß- und Radwege führen zwangsläufig zu Konflikten zwischen Teilnehmern, die mit deutlich unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind.

 

2. Fortschreibung der Radverkehrskonzeption

  • [Frage ADFC] Frankfurt (Oder) verfügt über eine ambitionierte Radverkehrskonzeption, zuletzt fortgeschrieben 2007. Sie muss dringend aktualisiert werden, was aber immer wieder verschoben wurde. 
    Wie und mit welchem zeitlichen Horizont setzen Sie sich für die Fortschreibung ein?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Ich will eine Stelle für einen Mobilitätsbeauftragten in der Stadtverwaltung schaffen, der sich schwerpunktmäßig um den Radverkehr kümmert, aber auch die Verbindung zu Fußverkehr, öffentlichem Nahverkehr und Stadtentwicklung im Blick behält. Die Fortschreibung der Radverkehrskonzeption ist überfällig und muss angegangen werden. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich dafür derzeit noch keinen konkreten zeitlichen Horizont benennen kann. Wichtig ist mir, dass der ADFC, die AG Mikromobilität und weitere engagierte Akteure frühzeitig einbezogen werden. Entscheidend ist, dass ein klarer Fahrplan für spürbare Verbesserungen entsteht, der realistisch und Schritt für Schritt umsetzbar ist. So kann Frankfurt langfristig fahrradfreundlicher und insgesamt mobiler werden.
  • [Désirée Schrade] Die Fortschreibung ist unbedingt nötig – ein fast 20 Jahre alter Stand muss dringend aktualisiert werden. Wir müssen uns aber auch die Zeit nehmen, dies sorgfältig vorzubereiten, die Experten und Betroffenen in unserer Stadt einzubinden und dem Fachpersonal die nötigen Kapazitäten zu geben. Ich strebe eine Fortschreibung in den ersten 2–3 Jahren meiner Amtszeit an.
  • [Simona Koß] Viele der Maßnahmen, die in der bisherigen Radverkehrskonzeption beschrieben sind, sind bis heute nicht, oder nicht vollständig umgesetzt, sodass auch mit dem bisherigen Konzept noch einiges an Arbeit bleibt. Allerdings ist eine Aktualisierung des Konzepts dringend erforderlich, da sich in den letzten Jahren, nicht zuletzt durch die erhöhte Durchschnittsgeschwindigkeit aufgrund der Zunahme an E-Bikes, die Anforderungen deutlich verändert haben. Daher steht die Fortschreibung der Radverkehrskonzeption weit oben auf meiner Prioritätenliste. Besonders wichtig ist mir dabei die Schulwegesicherung bei Radwegen von und zu Schulen.

 

3. Verbindliche Umsetzung der Radverkehrskonzeption

  • [Frage ADFC] Die Radverkehrskonzeption ist bisher ein informelles Dokument und wird deshalb oft nur als »nice to have« betrachtet; ein verbindlicher Umsetzungsplan fehlt. 
    Wie sorgen Sie dafür, dass gute Konzepte nicht nur für die Schublade produziert werden, sondern auch umgesetzt werden?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Es gibt sehr gute Förderprogramme von Land und Bund für den Radverkehr, die bisher kaum genutzt wurden. Die im Rahmen des Haushaltssicherungskonzepts stark eingeschränkten städtischen Mittel halte ich für möglich zu verzehnfachen, wenn wir externe Mittel gezielt einwerben. Dafür will ich Kapazitäten in der Verwaltung schaffen, indem eine Stelle für einen Mobilitätsbeauftragten eingerichtet wird. Diese Person soll Förderanträge koordinieren, die Umsetzung begleiten und die verschiedenen Akteure vernetzen. Nur so wird aus einem Konzept ein konkreter Handlungsplan mit sichtbaren Verbesserungen im Alltag. Gute Ideen dürfen nicht in der Schublade verschwinden, sie müssen auf die Straße kommen.
  • [Désirée Schrade] Aus meiner Sicht braucht es eine regelmäßige Wiedervorlage und Fortschreibung, damit die Führungsebene dahintersteht und die Umsetzung im Blick behält – zum Beispiel durch regelmäßige Umsetzungsrunden in der Verwaltung.
  • [Simona Koß] Entscheidend für die Umsetzung des Konzepts ist, dass das Radverkehrskonzept nicht losgelöst betrachtet wird, sondern bei jeder Maßnahme, die den Straßenraum betrifft, immer mitgedacht wird und noch mehr als bisher Fachleute und Nutzer mit einbezogen werden.

 

4. Teilnahme am System repräsentativer Verkehrsumfragen (SrV)

  • [Frage ADFC] Die TU Dresden ermittelt nach wissenschaftlichen Methoden auf Basis repräsentativer Befragungen das Mobilitätsverhalten der Menschen in vielen Städten im Fünfjahrestakt. Dadurch stehen den teilnehmenden Kommunen relevante Verkehrsdaten zur Verfügung, um zielsicher planen zu können. Frankfurt (Oder) beteiligte sich 2013 und 2018. Im Jahre 2023 wurde auf Fortschreibung des wertvollen Zahlenschatzes verzichtet. 
    Setzen Sie sich dafür ein, dass unsere Stadt wieder regelmäßig am SrV teilnimmt?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Ja, unbedingt. Wer Verkehrspolitik gut machen will, braucht eine solide Datengrundlage. Für die Fortschreibung des Radverkehrskonzepts und die gezielte Planung von Maßnahmen sind die Daten des SrV unverzichtbar. Ich setze mich dafür ein, dass Frankfurt (Oder) künftig wieder regelmäßig am System repräsentativer Verkehrsbefragungen teilnimmt. Nur so können wir Mobilitätsverhalten richtig verstehen, Entwicklungen frühzeitig erkennen und sinnvoll investieren. Gute Stadtentwicklung beginnt mit guter Analyse.
  • [Désirée Schrade] Ich kenne die Gründe nicht, warum 2023 die Teilnahme ausgesetzt wurde. Aber ich sehe darin grundsätzlich eine wertvolle Möglichkeit, durch externen Sachverstand die Mobilität in unserer Stadt zu verbessern.
  • [Simona Koß] Um eine sinnvolle Fortschreibung der Radverkehrskonzeption zu ermöglichen, sind solche Zahlen dringend erforderlich. Daher werde ich mich dafür einsetzen, dass Frankfurt künftig wieder an dieser Befragung teilnehmen wird.

 

5. AG Radverkehr

  • [Frage ADFC] Auf Wunsch des ADFC gab es seit 2002 eine AG Radverkehr in Frankfurt (Oder), die sich ca. sechsmal im Jahr im Stadthaus (davon einmal jährlich »on tour«) traf und an der auch Vertreter*innen aller Ämter der Stadtverwaltung teilnahmen, die in den Radverkehr involviert sind. Dabei wurden Strategien erörtert, Planungen besprochen und Probleme versucht zu lösen. Dr. Prusa hat die AG Radverkehr 2021 ausgesetzt, um sie durch eine weiter gefasste AG Mikromobilität zu ersetzen, die er jedoch bisher nicht eingesetzt hat. 
    In welcher Form stellen Sie sich die kontinuierliche Beteiligung der Bürger*innen und Verbänden in Mobilitätsfragen im Allgemeinen und Radverkehrsfragen im Speziellen vor?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Der bereits gegründeten AG Mikromobilität sollte man eine echte Chance geben, indem sie endlich einberufen und regelmäßig durchgeführt wird. Ich halte es für sinnvoll, Bürgerinnen und Bürger, Verbände wie den ADFC sowie Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung dort gemeinsam an einen Tisch zu bringen. Die AG kann ein guter Ort sein, um Planungen transparent zu besprechen, Rückmeldungen aus der Praxis aufzunehmen und konkrete Lösungen zu entwickeln. Wichtig ist mir, dass Beteiligung nicht nur pro forma stattfindet, sondern ernst genommen wird und zu sichtbaren Ergebnissen führt. Mobilität betrifft uns alle, deshalb braucht es auch den kontinuierlichen Austausch.
  • [Désirée Schrade] Ich habe mir noch keine abschließende Meinung gebildet, ob eine AG Radverkehr wiederbelebt werden sollte oder eine AG Mikromobilität ins Leben gerufen werden sollte, um auch zu Fuß gehende Menschen und mobilitätseingeschränkte Menschen gleich mit in den Blick zu nehmen, oder ob beides passieren sollte. Denn einige Fragen betreffen alle Gruppen und die Konflikte zwischen radfahrenden und zu Fuß gehenden Menschen können am besten zusammen gelöst werden. Ich halte die jährlich stattfindenden AG Radverkehr „on tour“ unter Teilnahme des/der zuständigen Dezernenten/in bzw. Beigeordneten für sinnvoll und praktisch.
  • [Simona Koß] Die Beteiligung der Bürger an den Entscheidungsprozessen der Stadtverwaltung sollte nicht nur im Bereich Radverkehr, sondern grundsätzlich in allen Bereichen gestärkt werden. Nur gemeinsam mit Bürgern, Fachleuten und der Verwaltung können die Probleme der Zukunft gelöst werden. Und eines der drängendsten Probleme stellt hier sicher die zukünftige Entwicklung einer umweltverträglichen Mobilität dar. Konkret stelle ich mir einen Mängelmelder für Straßen, Fuß- und Radwege vor, Bürgerbefragungen und öffentliche Workshops.

 

6. Flächennutzung

  • [Frage ADFC] Im Vergleich zu vielen anderen Städten stehen in Frankfurt (Oder) großzügige Straßenräume zur Verfügung, die einst für eine Einwohnerzahl von 100.000 konzipiert wurden. Ein Großteil dieser Flächen ist dem motorisierten Individualverkehr (MIV) für fließenden und ruhenden Verkehr gewidmet. Attraktive und wirtschaftlich prosperierende Städte reservieren in ihren Innenstädten einen deutlich größeren Flächenanteil als Frankfurt (Oder) für die Verkehre des Umweltverbundes (Fuß- und Radverkehr, ÖPNV). 
    Sind Sie bereit, die Privilegierung des MIV zu beenden und über eine Neuaufteilung der Flächen zugunsten umweltfreundlicher Verkehre nachzudenken und so die Attraktivität der Innenstadt für alle zu erhöhen?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Ja, Frankfurt (Oder) hat im Vergleich zu vielen anderen Städten große Straßenräume, die einst für deutlich mehr Einwohnerinnen und Einwohner geplant wurden. Wir haben genug Platz, um ihn besser aufzuteilen. Wenn wir wollen, dass sich umweltfreundliche Verkehrsarten wie Rad, E-Bike, E-Roller, ÖPNV und Fußverkehr weiterentwickeln, dann muss der motorisierte Individualverkehr Raum abgeben. Ziel ist mehr Aufenthaltsqualität in der Innenstadt und eine bessere Erreichbarkeit für alle. Ich werde dabei aber auch die Perspektive der Gewerbetreibenden und Händler einbeziehen. Eine autoärmere Innenstadt kann dann erfolgreich sein, wenn sie auch wirtschaftlich profitiert. Ich sehe darin eine große Chance für die Stadtentwicklung.
  • [Désirée Schrade] Ich halte eine Verkehrsberuhigung in der Innenstadt für notwendig, um das Zentrum attraktiver zu gestalten – sowohl für die Frankfurterinnen und Frankfurter als auch für Menschen, die unsere Stadt besuchen. Mit dem Einzelhandel möchte ich dazu einen engen Dialog führen. Eine Stadt ist umso attraktiver, je mehr der kurzen, alltäglichen Wege zu Schule, Arbeit, Freizeitangeboten sicher und schnell ohne Auto erledigt werden können. Es gilt, die verfügbaren Flächen so zu gestalten, dass es möglichst wenig Konflikte zwischen Radfahrenden und Autos bzw. zwischen Radfahrenden und Fußgänger*innen gibt. Dafür braucht es mehr Platz für durchgängige, sichere Radwege für Jung und Alt.
  • [Simona Koß] Einer der Punkte, die im Fahrradklima-Test des ADFC besonders schlecht bewertet wurde, ist die Breite der Radwege. Ohne mehr Platz für den Fahrradverkehr, wird sich das Radverkehrsklima nicht verbessern lassen. Die Erfahrungen aus anderen Städten (z.B. Berlin) zeigen jedoch, dass es keine einfachen Lösungen gibt um das Verteilungsproblem zu lösen. Hier sehe ich eine der wichtigsten Aufgaben bei der Weiterentwicklung der Radverkehrskonzeption, Konzepte für eine gerechtere Verteilung des Verkehrsraums zu entwickeln.

 

7. Radverkehrsbudget

  • [Frage ADFC] Im Vergleich zu anderen Verkehrsarten kann der Radverkehr mit relativ geringem finanziellen Aufwand gefördert werden. Die größte Hürde ist der dafür erforderliche Mentalitätswandel. Aber auch die kleinere Hürde – das Geld – muss genommen werden. Ein auskömmliches Radverkehrsbudget erleichtert die Umsetzung einer ambitioniert fortgeschriebenen Radverkehrskonzeption. Und mit geringen Eigenmitteln können deutlich größere Summen aus Förderprogrammen akquiriert werden. 
    Wieviel Prozent der städtischen Haushaltsausgaben sollten künftig in den Haushaltstitel Radverkehr eingestellt werden?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Ich möchte, dass Frankfurt fahrradfreundlicher wird. Das muss sich auch im Haushalt widerspiegeln. Im Nationalen Radverkehrsplan 3.0 des Bundesverkehrsministeriums empfehlen Bund, Länder und Kommunen einen Zielwert von 30 Euro pro Einwohnerin und Einwohner pro Jahr. Ich will, dass unsere Stadt ihren Beitrag dazu leistet. Mit vergleichsweise geringen Eigenmitteln können wir zusätzlich erhebliche Fördersummen einwerben. Das ist ein sinnvoller Einsatz städtischer Mittel mit großer Wirkung für die Mobilität, die Lebensqualität und die Verkehrssicherheit in Frankfurt.
  • [Désirée Schrade] In meinem 11-Punkte-Plan für das erste Jahr als Frankfurts Oberbürgermeisterin, sollte ich gewählt werden, habe ich formuliert: „8. Wege ebnen: Barrierefreiheit und sichere Rad- und Fußwege für Jung und Alt neu priorisieren.“ Ich hatte mich auch bereits in den vergangenen Haushaltsverhandlungen dafür ausgesprochen, mehr investive Mittel einzustellen. Klar ist aber auch: Unsere Eigenmittel sind knapp, und jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Deshalb ist es umso wichtiger, gezielt Fördermöglichkeiten auszuschöpfen, die unsere Eigenmittel aufstocken – das passierte bisher leider nicht ausreichend. Die neuen finanziellen Möglichkeiten, die sich für Frankfurt aufgrund des Sondervermögens des Bundes für Infrastruktur- und Klimaschutzmaßnahmen ergeben, erleichtern die o.g. Neujustierung von Prioritäten im städtischen Haushalt. Sie können sicher sein, dass ich die Priorisierung von sicheren Rad- und Fußwegen im Haushalt so untersetzen werde, dass dies in der Stadt zügig wirksam und sichtbar wird.
  • [Simona Koß] Dazu kann ich noch nichts sagen, aber es sollte definitiv mehr sein als bisher, denn das was im Radverkehr bisher passiert ist zu wenig. Man muss überprüfen, ob Frankfurt alle Fördermittel, die dafür zur Verfügung stehen, schon in ausreichendem Maße abfragt.

 

8. Radtourismus

  • [Frage ADFC] Der Oder-Neiße-Radweg gehört zu den beliebten Fernradwegen in Deutschland. Auch der (weniger bekannte) grenzüberschreitende Radweg Beeskow – Sulęcin führt durch Frankfurt (Oder). Andere Fernradwege (z.B. Tour Brandenburg, Oderbruchbahnradweg, R1) führen ohne gute Anbindung an Frankfurt (Oder) vorbei. Radtourist*innen empfinden Frankfurt (Oder) häufig als unterdurchschnittliche Destination ihrer Radreise, insbesondere wegen teilweise schlechter Oberflächen und Ausschilderungen sowie zu wenige auf Radfahrende zugeschnittene Angebote. 
    Wie wollen Sie die Attraktivität der Doppelstadt Frankfurt (Oder) - Słubice für den Fahrradtourismus erhöhen und die Gäste anregen, mehr Geld hier zu lassen?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Frankfurt (Oder) hat großes Potenzial für den Fahrradtourismus, schöpft es aber bisher nicht aus. Die Wegeführung des Oder-Neiße-Radwegs durch die Stadt ist unzureichend, und die Beschilderung des Radwegs Beeskow–Sulecin beginnt zu spät. Ich setze mich dafür ein, die Wegweisung ab dem Carthausplatz deutlich zu verbessern. Eine durchgängige Route sollte an der Marienkirche, der Großen Scharrnstraße und weiteren zentralen Punkten vorbeiführen, damit die Stadt für Radreisende erlebbar wird. Ich möchte die Bewerbung der Marienkirche als UNESCO-Welterbe vorantreiben. Das wäre nicht nur für die Identität der Stadt, sondern auch für den Tourismus ein bedeutender Impuls. Für die Oderpromenade sollte geprüft werden, ob auf einer Spur das Kopfsteinpflaster so bearbeitet werden kann, dass sich Radfahrende sicher bewegen können. Andere Brandenburger Kommunen machen damit gute Erfahrungen. Eine Fahrradstraße zwischen Universität und Stadtbrücke würde Radreisende gezielt durch das Zentrum führen. Auch die Anbindung des Bahnhofs an das Radwegenetz muss verbessert werden, denn sie ist ein zentrales Nadelöhr. Um Gäste zum Verweilen zu bewegen, will ich die Idee eines Badeschiffs an der Oder weiterentwickeln. Außerdem fehlen in Frankfurt radfreundliche Unterkünfte in allen Preisklassen. Ein einfaches Campingangebot am Helenesee oder am Winterhafen wäre eine sinnvolle Ergänzung. Darüber hinaus braucht es bessere touristische Hinweise auf wichtige Orte wie das Museum Viadrina, das BLMK, die Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Gefängnis und das Karl-Marx-Denkmal. Ich halte auch Fahrradwegweiser zu gastronomischen Angeboten für sehr sinnvoll. Wer sich willkommen fühlt, bleibt länger und stärkt die lokale Wirtschaft.
  • [Désirée Schrade] Bei allen genannten Radwegen kommt es nicht allein auf uns an – wir müssen eng mit den Partnern im Landkreis Oder-Spree, in Märkisch-Oderland und in Polen zusammenarbeiten. Der Oder-Neiße-Radweg ist inzwischen in die Jahre gekommen. Hier gilt es, mit den touristischen Akteuren ins Gespräch zu kommen und gemeinsam für eine Ertüchtigung zu sorgen – etwa durch Fördermittel. In der Stadt brauchen wir eine barrierearme Führung an der Oder entlang und im Fall von Baustellen eine sinnvolle Wegeführung daran vorbei. Wir müssen uns als Stadt wieder stärker der Oder zuwenden und diesen Schatz auch unseren Gästen besser zugänglich machen. Davon profitieren auch Gastronomie und Einzelhandel in der Innenstadt. In der Beschilderung sollten wir Lücken schließen und uns konsequent als Doppelstadt präsentieren – mit deutsch-polnischer Beschriftung. Der in diesem Jahr stattgefundene grenzüberschreitende Stadtspaziergang zur Mobilität in der Doppelstadt hat dafür viele wertvolle Hinweise erarbeitet, die aufgegriffen werden sollten.
  • [Simona Koß] Ich sehe drei Ansatzpunkte: Zum einen müssen die Strecken attraktiver werden. Mehr Übernachtungsmöglichkeiten an einer Strecke bedeuten mehr Radtourist*innen. Zum zweiten sehe ich die Notwendigkeit, das Stadtmarketing zielgruppenorientierter und weniger pauschal aufzustellen. Generell gilt, ohne historische Kulisse braucht es kreative Inszenierungen, um Besucher zu begeistern. Dazu gehört, dass wir das Potential und die Besonderheiten unseres Umlandes wieder in einer gemeinsamen Tourismuskonzeption vermarkten. Und ich möchte drittens, dass Frankfurt und Słubice von einer weiteren Brücke verbunden werden, aber einer Brücke, nur für Fußgänger und Radfahrer.

 

9. Modal Split - Erlauben Sie uns noch eine Schätzfrage als Zusatz:

  • [Frage ADFC] Der Modal Split ist eine wichtige verkehrspolitische Kenngröße und Indikator für die Verkehrsmittelwahl. Setzt man alle Wege in der Stadt gleich 100% gibt der Modal Split an, wieviel % der Wege mit welchem Verkehrsmittel zurückgelegt werden. Der Radverkehrsanteil im Modalsplit lag in Frankfurt (Oder) 2013 bei 4,5% und 2018 bei 7%. Seither wurde er nicht mehr repräsentativ erhoben (siehe Frage 4). 
    Wie hoch wird der Radverkehrsanteil am Ende Ihrer Amtsperiode sein?

     

  • [Dr. Axel Strasser] Bis 2033 halte ich einen Radverkehrsanteil von 22 Prozent für ein realistisches und ambitioniertes Ziel. Städte wie Eberswalde und Cottbus zeigen, dass solche Werte erreichbar sind. Frankfurt ist zwar an einigen Stellen bergig, aber mit guter Infrastruktur, klaren Wegen, sicheren Abstellmöglichkeiten und einer durchdachten Planung kann auch hier der Radverkehr deutlich wachsen. Entscheidend ist, dass Radfahren als komfortable und gleichwertige Mobilitätsform wahrgenommen wird. Daran will ich arbeiten.
  • [Désirée Schrade] Hier zeigt sich, wie wichtig regelmäßige Datenerhebungen sind. Es wäre hilfreich, eine aktuelleren Stand zu haben. Selbst wenn er schon bei 10% wäre, ist er immer noch gering im Vergleich zu Cottbus und Potsdam, die deutlich über 20% erreichen. Ich wünsche mir, dass wir in meiner Amtsperiode auf 20% aufschließen können. Allerdings schneiden wir beim ÖPNV deutlich besser ab als Cottbus – es hat sich gelohnt, dass der ÖPNV in Frankfurt (Oder) immer eine hohe Priorität hatte. Dennoch können wir als Stadt der kurzen Wege auch beim Radverkehr noch viel mehr erreichen. Zentral ist, dass Menschen den Umstieg aufs Rad als leicht und sicher empfinden. Dafür will ich mehr Anreize schaffen.
  • [Simona Koß] Obwohl ein Ziel wie in weiten Teilen der Niederlande mit 30% bis zum Teil deutlich über 40% Radverkehr sicherlich anstrebenswert ist, denke ich, dass bis zum Ende meiner Amtsperiode ein Anteil von wenigstens 20% Radverkehr auch mit den begrenzten Mitteln, die in Frankfurt zur Verfügung stehen, erreicht werden kann.

     

Mehr Informationen zu den drei Kandidierenden unter:

https://www.instagram.com/desireeschrade

https://simona-koss.de/

https://www.axel-strasser.de/

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